Aus dem Klinikverbund Südwest

Der Patient ist jede Mühe wert

24.03.2023
Dr. med. Sven Cluss, Leitender Oberarzt, Zentrum für Anästhesie und Intensivmedizin Sindelfingen-Böblingen-Herrenberg

Dr. med. Sven Cluss, Leitender Oberarzt, Zentrum für Anästhesie und Intensivmedizin Sindelfingen-Böblingen-Herrenberg

Das Zentrum für Anästhesie und Intensivmedizin Sindelfingen-Böblingen-Herrenberg im Klinikverbund Südwest geht einen besonderen Weg, wenn es um seine Patienten geht. Aufgrund der guten Arbeit wurde das Team eingeladen, beim Stuttgarter Intensivkongress SIK seine Arbeit als best-practice-Beispiel vorzustellen.

Chefarzt Dr. med. Andreas Ostermeier leitet die Anästhesie und Intensivmedizin an den Krankenhausstandorten Böblingen, Sindelfingen und Herrenberg des Klinikverbundes Südwest. Sein Anliegen: Wo immer der Patient aufgenommen wird, soll er dieselbe qualitativ hochwertige Versorgung erhalten. „Wir haben die Strukturen und Prozesse der einzelnen Standorte angeglichen, davon profitieren alle“, erklärt der Mediziner. Das jüngste Beispiel offenbarte das Peer Review der Landesärztekammer nach den DIVI-Kriterien (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin), dem sich das Zentrum zunächst am Standort Böblingen freiwillig unterzogen hat. Die Implementierung von Erregerstatistiken und patientenadaptierter Beatmung gilt als vorbildlich, weshalb Chefarzt Dr. Ostermeier und der leitende Oberarzt des Zentrums, Dr. med. Sven Cluss, vom Stuttgarter Intensivkongress SIK 2023 eingeladen wurden, diese Vorgehensweisen als best-practice-Beispiele vorzustellen.

Bei der Einbindung der Erregerstatistiken geht es um eine Besonderheit, über die nicht viel gesprochen wird: Jedes Krankenhaus verfügt, ähnlich wie eine Darmflora, über ein einzigartiges Keimspektrum. Wird nun ein Patient auf der Intensivstation auf Infektionen hin behandelt, wird im Zentrum für Anästhesie und Intensivmedizin nicht einfach nach den üblichen Standards verfahren. Vielmehr wird eine ganz individuelle Therapie für den Patienten erarbeitet, die auf den Daten gründet, die die Mikrobiologie des Verbund-eigenen Institut für Laboratoriumsmedizin, Transfusionsmedizin und Mikrobiologie unter Leitung von Dr. Thilo Rünz regelmäßig liefert. Das stellt einen erheblichen Aufwand an Labortätigkeiten dar, was dem Patienten jedoch unmittelbar zugutekommt. Denn erst dieser immense Aufwand ermöglicht eine frühzeitig und effektive Infektionsdiagnostik sowie ein bestmögliches effektives Infektionsmanagement.

Die patientenadaptierte Beatmung hingegen stellt eine ganz andere Herausforderung dar. Eine Beatmung birgt große Risiken für den Patienten. Luft wird in die Lunge gepresst, doch es stellt sich die Frage, welche Menge für diesen Patienten richtig ist. Denn es geht nicht nur um die Sauerstoffversorgung, sondern auch um Druck und Volumen, welche die Lunge, genauer gesagt Alveolen oder Lungenbläschen, aushalten können.  Je nach Steifigkeit der Lunge, der Sedierungstiefe, der Lagerung, dem Zustand des Patienten usw. verändern sich die Parameter. Um das beste Behandlungsergebnis zu erzielen – besonders bei Patienten mit schwerstem Lungenversagen –, muss die Beatmung stetig angepasst werden. Das ist äußerst schwierig. Ein Lösungsansatz bietet hier die Berechnung der Patienten-adäquaten Parameter aufgrund seines idealen, nicht seines aktuellen, Körpergewichts, die diese ständige Anpassung erleichtert. Durch diesen innovativen Ansatz in Verbindung mit der kürzlich eingeführten elektronischen Patientenkurve (PDMS), erscheinen die Werte auf dem Beatmungsgerät und in der elektronischen Patientenkurve, quasi online – und somit als Grundlage für jederzeit durchzuführende Beatmungsanpassungen mit optimaler Dokumentation.

Insgesamt wurde dem Zentrum für Anästhesie und Intensivmedizin eine exzellent konzipierte und geführte interdisziplinäre Intensivstation mit hervorragender Struktur- und Prozessqualität bescheinigt. Weit über 20.000 anästhesiologische Leistungen und über 50.000 intensivmedizinische Beatmungsstunden werden pro Jahr erbracht. Das Zentrum versorgt unter anderem eine Reihe von zertifizierten Zentren des Klinikverbundes wie beispielsweise das Onkologische Zentrum, das Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung oder das Perinatalzentrum
Level I (höchste Stufe).