Aus dem Klinikverbund Südwest

Ein Gerät, drei Untersuchungen

26.08.2021
ERCP-Raum Kliniken NAgold

Die Medizinische Fachangestellte Stefanie Kränzler im neuen ERCP-Raum in den Kliniken Nagold

Neben der medizinischen und pflegerischen Expertise ist es auch die technische Ausstattung, an der sich die Versorgungsqualität eines Krankenhauses bemisst. Mit der Beschaffung einer neuen ERCP-Anlage spielen die Kliniken Nagold diesbezüglich nun in der ersten Liga.

Verwendung findet das Gerät immer dann, wenn es gilt, sich Zugang zum Gallengangsystem oder der Bauchspeicheldrüse zu verschaffen. Ob es nun der Gallenstein ist oder der Tumor, der den Gang verschließt und zu Gallestau und Gelbsucht führt, – mit der endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikographie (ERCP) lassen sich diese Krankheitsbilder sichtbar machen. „Das Besondere ist, dass es sich dabei um eine Hybriduntersuchung handelt: Endoskopie und Radiologie“, erklärt Prof. Hubert Mörk, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Onkologie an den Kliniken Nagold.

Neu sei, so der Chefarzt, dass mit der ERCP-Anlage nun auch eine direkte Endoskopie der Gallenwege – die sogenannte Cholangioskopie – durchgeführt werde. Sie ist immer dann gefragt, wenn es gilt, eine gezielte Gewebeprobe zu entnehmen oder einen Stein unter Sicht mit einer elektrohydraulischen Sonde zu zerschießen. „Mit der ERCP-Anlage“, fasst Prof. Mörk zusammen, „können wir jetzt eine dreifache Untersuchung machen: normal endoskopieren, röntgen und direkt im Gallengang endoskopieren.“

Schließlich wäre da noch die Spiralendoskopie im Zusammenhang mit der Dünndarm-diagnostik, die man mit der Inbetriebnahme der neuen Anlage etabliert. „Der Dünndarm ist endoskopisch nur schwer zugänglich“, erklärt Prof. Mörk. „Mit der motorisierten Spiralendoskopie haben wir jetzt eine neue Technik, mit der wir uns über eine Winde sanft durch den Dünndarm bewegen können.“

Auch die technischen Kennzahlen der neuen Anlage überzeugen. „Das Gerät hat eine bessere Bildqualität durch eine höhere Auflösung. Außerdem gibt es ein besseres Monitoring und man hat auch die Möglichkeit einer Intervalldurchleuchtung mit ganz kurzen Sequenzen“, erklärt Bereichsleiterin Lydia Renz. „So ist die Strahlenbelastung sowohl für die Patienten als auch für das Personal deutlich geringer.“ Die Durchleuchtungszeit reduziere sich von bislang vier Minuten auf nur noch knapp eine Minute. Zudem kann man mit der neuen Anlage den Strahlenfokus auf ein winziges Feld verkleinern, so dass nur noch jene Stelle anvisiert wird, die auch wirklich durchleuchtet werden muss.

Um die neue Anlage in Betrieb nehmen zu können, schuf das Krankenhaus einen größeren Raum, indem ein Anmeldezimmer und ein Teil eines Wartebereichs zusammengelegt wurden. Dank der baulichen Änderungen darf sich der Patient über mehr Komfort freuen: Ihm steht nun – direkt an den ERCP-Raum angrenzend – ein WC und eine Umkleidekabine zur Verfügung, so dass er sich nicht mehr auf Station umziehen muss. Das bisherige ERCP-Zimmer wird künftig als vierter Endoskopieraum genutzt. Die räumliche Umsetzung überzeugte auch die Herstellerfirma: Als Weltmarktführer für ERCP-Anlagen führt die Firma Siemens den Standort Nagold nun als Referenzkrankenhaus.

Nutzen wird die Anlage künftig nicht nur die Gastroenterologie, sondern auch die Klinik für Urologie. Und da es sich bei dem Gerät um eine angiografiefähige Durchleuchtungsanlage handelt, kann auch die Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin darauf zugreifen, sollte das eigene Gerät einmal ausfallen. Die erforderlichen Intensivschulungen fürs Personal führten der Hersteller und die hausinterne Medizintechnik bereits von Februar bis Juni durch. „Von der Bedienung her ist die neue Anlage anspruchskomplexer als die Alt-Anlage“, erklärt Prof. Mörk. „Das entspricht dem Vergleich zwischen einem 15 Jahre alten Auto und einem heutigen Fahrzeug mit viel Elektronik.“ Das Personal jedenfalls beherrscht die Handhabung des modernen Geräts inzwischen, bereits Ende Juni nahm man es in Betrieb.

Damit sind die Kliniken Nagold nun auf dem Stand der Technik. „Als Schwerpunktversorger sind wir jetzt so aufgestellt, dass wir uns die nächsten zehn Jahre keine Gedanken machen müssen, was unsere Zukunftsfähigkeit betrifft“, freut sich Prof. Mörk. Ermöglicht hat die Neubeschaffung der Träger des Kreisklinikums Calw-Nagold, der Landkreis Calw, der die Investition im Rahmen der Neubaumaßnahmen am Krankenhaus stemmte.