Aus dem Klinikverbund Südwest

Hebammenkreißsaal Herrenberg erhält Fördergeld vom Land

06.03.2024

Die Geburtshilfliche Abteilung am Krankenhaus Herrenberg erhält Geld aus dem Fördertopf des Landes Baden-Württemberg zum Ausbau des Hebammenkreißsaal-Angebotes.

Die bestmöglichen Voraussetzungen für einen guten Start ins Leben zu schaffen, ist eines der nationalen Gesundheitsziele. In der Konsequenz hat das Land Baden-Württemberg, damit begonnen, die Etablierung und Weiterentwicklung der sogenannten Hebammenkreißsäle zu unterstützen, um die natürliche Geburt zu fördern.

Die Geburtshilfliche Abteilung des Krankenhauses Herrenberg setzte dieses besondere Zusatzangebot bereits sehr früh um, nämlich 2009, als neunte Klinik in Deutschland. 2011 erfolgte dann die Zertifizierung zum Babyfreundlichen Krankenhaus. Damit gehört die Herrenberger Geburtsklinik zu den wenigen Kliniken in Deutschland, die diese konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse von Mutter und Kind umgesetzt haben. Langfristig ist im Rahmen der Medizinkonzeption 2030 die Zusammenführung der Herrenberger Gynäkologie mit der Gynäkologie Calw am Schwerpunktversorger Nagold in derselben Ausrichtung geplant. Bis es jedoch soweit ist, wird am Standort Herrenberg unverändert in die hochqualitative Patientenversorgung investiert. Insofern freut man sich über die für 2024 zugesagte Förderung des Herrenberger Hebammenkreißsaals durch das Land sehr.

Das Zusatzangebot des Hebammenkreißsaals richtet sich an gesunde Frauen mit unkomplizierter Schwangerschaft. Das Konzept sieht vor, so früh wie möglich die Weichen für einen gelungenen Start ins Leben zu stellen; bereits ab der 28. Schwangerschaftswoche werden Schwangere begleitet. Zwei längere Vorgespräche sind vorgesehen. Die werdenden Eltern lernen die Klinik kennen, sie werden mit den Räumlichkeiten und den betreuenden Hebammen vertraut. Das allein senkt schon den Stresslevel der Mutter und damit des Ungeborenen.

Doch das ist noch lange nicht alles, wie Dr. Ines Vogel, Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Krankenhaus Herrenberg betont: „Wir erfragen, welche Vorstellungen die Eltern haben und welche Ängste. Darauf gehen wir ganz konkret ein. Wir machen den Frauen Mut, sich selbst und ihrem Körper zu vertrauen. Sollte mehr medizinische Unterstützung notwendig werden, wird die Geburt von diesem Zeitpunkt an ärztlich geleitet. Diese Überleitung vom Hebammen-geführten Kreißsaal in einen ärztlich geleiteten ist ganz unkompliziert, der Kreißsaal bleibt derselbe, die Hebamme bleibt bei der Gebärenden, lediglich eine Ärztin kommt hinzu. Diese Konstanz ist förderlich für den Geburtsverlauf, für die Mutter bleibt der bereits vertraute Rahmen und die Vertrauensperson.“ Verläuft alles in normalen Bahnen, bleibt aber die Geburt in der Verantwortung der Hebamme. In der letzten Phase der Geburt wird dann eine zweite Hebamme hinzugerufen.

Mit dem Angebot des Hebammenkreißsaals änderten sich in der Klinik nicht nur Strukturen und Prozesse, es beeinflusste die gesamte Herangehensweise. So erleben auch Eltern, die den Hebammenkreißsaal nicht in Anspruch nehmen können, weil medizinische Gründe dagegensprechen, dennoch die Vorteile: Möglichst wenig Intervention, Stärkung der Bindung zwischen Eltern und Kind, Selbstbestimmheit und Förderung der Familie im Rahmen der Geburt. Dies ist vielleicht der wichtigste Aspekt bei der Förderung des Konzepts Hebammenkreißsaal. Dieser Fokus auf die normale Geburt aus hat auch zur Folge, dass die Herrenberger Geburtshilfe seit Jahren eine erfreulich niedrige Kaiserschnittrate zwischen 18 und 21 Prozent zu verzeichnen hat. 

Schlussendlich sind es etwa 10 Prozent aller Geburten, die vollständig im Hebammen-geführten Kreißsaal stattfinden. Interesse bekunden etwa ein Drittel aller Eltern, doch in vielen Fällen sprechen von Anfang an oder im Laufe der Schwangerschaft bzw. Geburt medizinische Gründe dafür, eine Ärztin hinzu zu ziehen. Manuela Heizmann-Bucksch, Leiterin des Kreißsaals erläutert: „Wir beraten ergebnisoffen, es ist wichtig, dass die Eltern hinter dem Geburtsplan stehen. Das Konzept des Hebammenkreißsaals sieht vor, Empowerment zu fördern, die Frauen sollen sich zutrauen, ihr Kind selbstbestimmt und aus eigener Kraft auf die Welt zu bringen. Die begleitenden Väter spielen dabei eine große Rolle. Trauen auch sie ihren Frauen die Geburt aus eigener Kraft zu, ist das für den gesamten Verlauf sehr förderlich.“ Verena Teschner, mit der sich Manuela Heizmann-Bucksch die Leitung teilt, ergänzt: „Wir hören den Eltern zu und gehen auf sie ein. Wir sprechen Situationen durch, um die Eltern vertraut zu machen mit dem, was auf sie zukommen kann. Wenn schon vorher überlegt wird, wie die Geburt verlaufen könnte und wie dann darauf reagiert werden soll, ist unter der Geburt die Handlungsweise ruhig und sicher, die Eltern erleben sich als selbstbestimmt.“

Das Fördergeld, das die Klinik nun erhält, wird für Fortbildungen und Workshops eingesetzt. Das Team wünscht sich verschiedene Themen wie Herztonbeurteilung, Nahtversorgung, Dokumentation, Gebärhaltungen und Kinästhetik oder auch Komplementärmedizinische Methoden. Auch Supervision steht auf dem Wunschzettel. „Teambuilding und eine sehr gute interprofessionelle Kommunikation kommen allen Beteiligten zu Gute“, betont Manuela Heizmann-Bucksch.