Das Leonberger Krankenhaus hat seit Anfang Juni ein zertifiziertes Beckenbodenzentrum. Mit der Zertifizierung wird medizinische Arbeit bei Inkontinenzbeschwerden auf höchstem Niveau offiziell bestätigt. Für die Patientinnen und Patienten bedeutet dies vor allem bei komplizierteren Fällen eine optimale Behandlung. Elementar ist dabei die fachübergreifende Arbeit zwischen Gynäkologie, Chirurgie und Urologie – etwa in einer interdisziplinären Sprechstunde, bei der Experten aus Gynäkologie und Chirurgie gemeinsam mit dem Patienten oder der Patientin sprechen.
„Inkontinenz ist weiterhin ein Tabuthema. Es gibt sehr viele Menschen, die sich nicht trauen, mit Familie, Freunden oder ihrem Arzt darüber zu sprechen“, erklärt Dr. Monica Diac, Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Leonberg und Leiterin des Beckenbodenzentrums. „Viele denken, Inkontinenz sei in ihrem Alter normal, oder sie haben Angst vor einer Operation.“ In etwa der Hälfte der Fälle brauche es aber keinen Eingriff: „Es gibt viele schonende Möglichkeiten zur Behandlung.“ Und Prof. Dr. Wolfgang Steurer, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie in Leonberg, ergänzt: „Bei Operationen arbeiten wir mit minimalinvasiven Methoden, um unseren Patienten eine schnelle Erleichterung ohne große Belastung zu ermöglichen.“
Die Zertifizierung des Beckenbodenzentrums in Leonberg ist das Ergebnis der guten Arbeit der vergangenen Jahre. „Die Zertifizierung ist die offizielle Anerkennung der jahrelangen vertrauensvollen, interdisziplinären Arbeit zwischen Chirurgie und Gynäkologie sowie der Urologie in Sindelfingen“, erklärt Dr. Monica Diac. Es mussten diverse Zielvorgaben erreicht werden, um die Zertifizierung zu erhalten – beispielsweise was die Anzahl der proktologischen Eingriffe, der urogynäkologischen Patienten oder der diagnostischen Maßnahmen betrifft. Auch das Qualitätsmanagement genügt höchsten Standards und ist auf eine stetige Qualitätsverbesserung ausgelegt. Es gibt externe Kooperationspartner wie Physiotherapie-Praxen mit spezieller Expertise für Beckenbodentraining oder für Biofeedback und Elektrostimulationstherapie.
Das Beckenbodenzentrum am Krankenhaus Leonberg und Sindelfingen bietet die gesamte Palette zur Diagnose und Behandlung, beispielsweise eine Lasertherapie bei leichter Harninkontinenz und Beckenbodensenkung. „Wir bieten auch spezielle operative Verfahren an, die in nur wenigen Kliniken häufig durchgeführt werden“, sagt Johannes Dlugosch, Oberarzt an der Urologischen Klinik Sindelfingen. Hierzu zählen beispielsweise die sakrale Neuromodulation (umgangssprachlich Blasenschrittmacher genannt), ein künstlicher Schließmuskel oder Senkungsoperationen mit dem DaVinci-Roboter. Dabei ist die Urologische Klinik in Sindelfingen sowohl Mitglied im neu zertifizierten Beckenbodenzentrum Leonberg als auch bereits Mitglied im Beckenbodenzentrum Sindelfingen-Böblingen.
Wichtig sei nun, dass das Thema bei den Betroffenen in die richtige Wahrnehmung rückt. „Sprechen Sie mit einem Arzt über die Inkontinenz. Das ist der erste Schritt“, betont Prof. Dr. Wolfgang Steurer. „Je früher Sie das Gespräch suchen, desto besser stehen die Therapiechancen. Sie müssen wissen: Sie sind nicht allein.“