Aus dem Klinikverbund Südwest

Orthopädische Klinik Sindelfingen feiert Jubiläum

08.08.2023

Vor 20 Jahren übernahm Prof. Dr. Stefan Kessler die Orthopädische Klinik in Sindelfingen. Er hat die Klinik von Anfang an konsequent zum Schwerpunkt für Endoprothetik ausgebaut und 2014 als Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung zertifizieren lassen – dies dient dem Nachweis einer durchgängig hohen medizinischen Qualität.

Etwa 400.000 künstliche Gelenke werden lt. der deutschen Gesellschaft für Endoprothetik jährlich eingesetzt – eigentlich Routine. Nicht jedoch für den betroffenen Patienten, für ihn ist ein Eingriff ein existentieller Moment. Es geht um beste medizinische Qualität, aber auch um die Berücksichtigung individueller Voraussetzungen und Bedürfnisse.

Prof. Stefan Kessler, Chefarzt der Orthopädischen Klinik Sindelfingen (OKS) und Leiter des Endozentrums Südwest, einem zertifzierten Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung, weiß das aus langer Berufserfahrung. Schon während seiner Ausbildung in Ulm und York fokussierte er sich auf die Endoprothetik und war, bevor er als Chefarzt zum Klinikverbund Südwest wechselte, Oberarzt der orthopädischen Klinik mit Schwerpunkt Endoprotetik am Universitätsklinikum in Ulm. Er weiß um die Wichtigkeit hochwertiger Qualität in Kombination mit persönlicher Zuwendung zum Patienten: „Jeder Mensch ist anders, er lebt auch anders. Wir brauchen also nicht nur eine passende Operation und hervorragende Implantate. Die Entscheidung, wie wir bei der Behandlung vorgehen, richtet sich immer nach der individuellen Situation des Patienten, seiner Verfassung und seinen Bedürfnissen. Es nützt nichts, tadellose Medizin zu machen, wenn der Patient sich überfahren oder allein gelassen fühlt.“

Es war Juni 2003, als er die Orthopädie am damals noch Städtischen Krankenhaus Sindelfingen übernahm: „Die Klinik war bis dahin eine allgemein-orthopädische Abteilung. Ich hatte mir vorgenommen, den Schwerpunkt in der Endoprothetik zu setzen“. Der Grund: Die Nachfrage nach künstlichem Gelenkersatz stieg signifikant. Mit steigender Lebenserwartung benötigen mehr Menschen ein künstliches Gelenk, erst recht, da Zivilisationskrankheiten auf dem Vormarsch sind, etwa durch mangelnde Bewegung. Und dank Fortschritten in Medizin und Medizintechnik kommen heute auch Patientinnen in Frage, die früher nur in Ausnahmefällen einen künstlichen Gelenkersatz erhielten. Dazu gehören Risikopatienten, die beispielsweise dank verbesserter Narkose- und Operationstechniken überhaupt erst jetzt operiert werden können, aber auch jüngere Patienten, die dank besserer Implantate mit längeren Standzeiten sich schon früher für ein künstliches Gelenk entscheiden können, ohne befürchten zu müssen, es mehr als einmal auswechseln lassen zu müssen. Die Bettenzahl ist ein Beleg für diesen Trend: 2003 verfügte die Klinik über 56 Betten bei Liegezeiten von 15 Tagen und mehr, heute sind es 72 Betten, und das trotz signifikant kürzeren Liegezeiten; manche Patienten können bereits nach drei Tagen das Krankenhaus verlassen. Die positive Entwicklung der Orthopädischen Klinik wirkte sich auf das gesamte Klinikum aus. „Um gute Medizin machen zu können, ist Interdiszplinarität sehr wichtig. Beispielsweise die Anästhesie musste entsprechend mitziehen, sonst hätte ich eine Zertifizierung gar nicht anstreben können“, erläutert Prof. Kessler als Beispiel. Als 2006 dann der Klinikverbund Südwest gegründet wurde, gab das der Klinik einen weiteren Schub; nicht länger mussten größere Eingriffe aus den Krankenhäusern Herrenberg und Leonberg nach Stuttgart verlegt werden, sondern blieben intern im Verbund und wurden in Sindelfingen durchgeführt. Ein großer Vorteil für die Patienten, deren Betreuung wohnortnah blieb: „Diese Kooperation erlaubt es, die Vor- und Nachbetreuung vor Ort zu machen, nur für den Eingriff an sich werden die Patienten nach Sindelfingen verlegt. Viele Patienten wissen die Nähe zu ihrem Zuhause zu schätzen“, so Kessler.

2014 war es dann soweit, die Klinik wurde von der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik als Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung zertifiziert und seitdem alle drei Jahre rezertifiziert. „Das Entscheidende daran ist die Standardisierung“, erklärt Kessler. „Das heißt eben nicht, dass wir alle Patienten gleichbehandeln, sondern dass die Vorgehensweisen standardisiert und leitlinienkonform sind. Das sichert die gleichbleibend hohe Qualität des Ergebnisses, darauf kann sich der Patient verlassen. Wir wählen individuelle Operationstechniken, wobei der minimalinvasive Eingriff der Standard ist, verwenden Prothesen, deren Qualität nachweislich hervorragend ist, achten auf blutsparendes Operieren, was den Körper sehr schont und führen eine Ganzkörper-Keimreduktion schon vor der OP durch, was die Gefahr einer Infektion während oder nach der OP signifikant senkt.“ So können auch komplizierte Fälle zu einem guten Ende geführt werden, erzählt der Orthopäde: „Ein sicher sehr besonderer Fall im Laufe meiner Berufsjahre war ein junger Mann mit einer Hüftvereiterung, in deren Folge die Hüfte entfernt worden war. Er litt an einer Beinverkürzung um sieben Zentimeter, konnte sich nur mit Gehstützen fortbewegen. Er wandte sich an uns und dank eines gelungenen Eingriffs und einer sehr guten Endoprothese ist der junge Mensch heute beschwerdefrei und kann sein Leben leben.“

Nun visiert Prof. Kessler mit seinem Team das Flugfeldklinikum an: „Um den Patienten ein möglichst angenehmes Ambiente bieten zu können, wurden die Räumlichkeiten unserer Klinik baulich schon sehr früh saniert und verschönert. Dennoch sind wir in einem 60 Jahre alten Gebäude beheimatet, das also vor rund 70 Jahren geplant wurde. Wir können, was Äußerlichkeiten angeht, nicht mit den Kliniken in Stuttgart konkurrieren. Das Flugfeldklinikum ist daher für uns von großer Bedeutung, weil es moderne Medizin erleichert und schöner ist. Das ist für die Patienten angenehmer, aber auch die Mitarbeiter wissen ein zeitgemäßes Umfeld sehr zu schätzen.“ Dennoch: Die Patientenzahlen haben sich nach der Corona-Pandemie schon wieder stabilisiert, etwa 1.600 Patienten pro Jahr schenken ihr Vertrauen der Orthopädischen Klinik Sindelfingen, davon sind 1.100 Eingriffe für einen künstlichen Gelenkersatz. In Zukunft werden es dann sicher noch mehr werden, da ist Prof. Kessler zuversichtlich.