Aus dem Klinikverbund Südwest

Projekt der ehrenamtlichen Patientenbegleiter mit dem Deutschen Patientenpreis 2019 ausgezeichnet

12.09.2019

Projekt der Patientenbegleiter wird mit dem Deutschen Patientenpreis 2019 ausgezeichnet. V.l.n.r. Dr. Phillipp Nimmermann (Staatssekretär Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen), Dr. Karl-Michael Reinauer (Chefarzt Medizinische Klinik VI/Altersmedizin), Prof. Dr. Dr. Gerd Geißlinger (Direktor, Institut für Klinische Pharmakologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main; Institutsleiter, Fraunhofer-Institut IME), Gisela Klatt (Präsidentin, Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e.V.), Andreas Lebert (Chefredakteur, ZEIT WISSEN; Herausgeber, ZEIT Doctor), Prof. Dr. Axel Prokop (Chefarzt Klinik für Unfallchirurgie), Lisa Keller (Koordinatorin Verein für Nachbarschaftshilfe Leonberg fish e.V.), Prof. Dr. Jochen Maas (Geschäftsführer Forschung & Entwicklung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH; Vizepräsident, House of Pharma & Healthcare e.V.), Manfred Koebler (Vorsitzender Kreisseniorenrat Böblingen). Bildquelle: Jose Poblete

Am 2. September wurde das Projekt der ehrenamtlichen Patientenbegleiter zur Delirvermeidung, welches im Jahr 2017 vom Kreisseniorenrat, dem Leonberger Verein für Nachbarschaftshilfe F.I.S.H. e.V. und dem Zentrum für Alterstraumatologie am Klinikum Sindelfingen-Böblingen ins Leben gerufen wurde, in Frankfurt mit dem Deutschen Patientenpreis 2019 geehrt.

Studien belegen, dass der Einsatz von Patientenbegleitern geeignet ist, Delir und Depressionen von Patienten vorzubeugen. Im Klinikverbund Südwest kommen daher seit 2017 mit zunehmendem Erfolg ehrenamtliche Patientenbegleiter zum Einsatz. Die Patientenbegleiter stärken mit ihren Besuchen gefährdete, ältere Patienten in ihren Alltagsfähigkeiten. Sie übernehmen keine pflegerischen Aufgaben, sondern begleiten, orientieren und aktivieren die Patienten ganz individuell. Beispielsweise begleiten sie die Patienten auf dem Weg zu Untersuchungen, unterstützen bei der selbstständigen Einnahme von Mahlzeiten, motivieren zum Trinken, lesen aus der Tageszeitung vor, erzählen, machen mit dem Patienten Spiele und – vor allem – hören zu. Ziel des Projekts ist es, den Patienten ein Stück Zuwendung, Vertrauen und Orientierung in der fremden Umgebung des Krankenhauses zu vermitteln, zur Erhaltung der Selbstständigkeit beizutragen und Delir und Depression zu vermeiden. „Das Delir birgt für bis zu einem Fünftel der über 70-jährigen Patienten die Gefahr, an dessen Folgen zu versterben. Gerade die persönliche Ansprache, Zuwendung und Beschäftigung verringern hoch signifikant dieses Risiko. Und genau damit ist das Projekt äußerst erfolgreich: Bei keinem der über 5.000 bisher begleiteten Patienten wurde ein Delirzustand festgestellt.“, so Prof. Dr. Axel Prokop, Chefarzt der Sindelfinger Unfallchirurgie und Leiter des zertifizierten Zentrums für Alterstraumatologie am Klinikum Sindelfingen-Böblingen. Zusammen mit seinem Kollegen Dr. Karl-Michael Reinauer, Chefarzt der Medizinischen Klinik VI für Altersmedizin, ist er federführend für die medizinische Begleitung des Projektes verantwortlich. Dr. Reinauer ergänzt: „Bei den Patienten und Angehörigen kommt das Projekt sehr gut an. Und auch das Pflegepersonal ist mittlerweile begeistert vom Engagement der Patientenbegleiter und sieht den Nutzen dieser Arbeit.“ Auch Manfred Koebler, Vorsitzender des Kreisseniorenrates Böblingen, Mitinitiator und Gesamtverantwortlicher des Projekts, war von Anfang an vom Angebot der Patientenbegleitung überzeugt: „Im Landkreis Böblingen gibt es viele ältere Menschen, die alleine leben und oft einsam sind. Wenn sie ins Krankenhaus kommen, fühlen Sie sich noch mehr verlassen in der fremden Umgebung. Zusätzlich quält der Gedanke, wie geht es mit mir weiter. Genau hier helfen die Patientenbegleiter, die für solche Gespräche gut ausgebildet wurden. Von überall erfahre ich große Zustimmung zu diesem Projekt. Es ist eine vierfache Win-Win-Situation: Patienten, Pflegepersonal, Ärzte und auch unsere Patientenbegleiter erleben Positives aus dieser Tätigkeit.“ Dem Kreisseniorenrat ist es besonders wichtig, für dieses Projekt die finanziellen Grundlagen für die Ausweitung der Arbeiten und für die Nachhaltigkeit zu sichern. Lisa Keller, die Koordinatorin der Ehrenamtlichen, ergänzt: „Viele unserer Patientenbegleiter haben oft ähnliche Situationen bei sich selbst oder in der eigenen Familie erfahren und waren selbst dankbar für Ansprache und Zuwendung. Dies ist eine gute Möglichkeit, etwas zurückzugeben und mitzuhelfen. Das Wissen, etwas Sinnvolles getan zu haben, und die Dankbarkeit der betreuten Patienten tun gut und lassen die Patientenbegleiter oft beschwingt nach Hause gehen.“ Mittlerweile sind rund 75 Ehrenamtliche an den Kliniken im Kreis Böblingen am Projekt beteiligt und an den verschiedenen Standorten im Klinikverbund Südwest im Einsatz.

Dieses erfolgreiche Engagement ehrten bereits im letzten Jahr die Kliniken im Verbund „Qualität und Management im Krankenhaus“ (QuMiK) und zeichneten das Projekt mit dem QuMIK-Qualitätspreis für innovative Projekte aus. In diesem Jahr überzeugten die Initiatoren nun auch die Jury auf der Jahrestagung des House of Pharma & Healthcare und erhielten für ihre Arbeit den Deutschen Patientenpreis 2019. Prof. Dr. Axel Prokop, Chefarzt der Unfallchirurgie, Dr. Karl-Michael Reinauer, Chefarzt der Klinik für Altersmedizin, Manfred Koebler, Vorsitzender des Kreisseniorenrates Böblingen und Lisa Keller, Koordinatorin der Patientenbegleiter im Verein für Nachbarschaftshilfe F.I.S.H. e.V. aus Leonberg, nahmen den Preis in Frankfurt entgegen. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis ehrt innovative Projekte, welche die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung fördern und sowohl Patienten als auch Angehörigen helfen, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und zu nutzen.

„Wir sind sehr stolz auf das, was wir mit den Patientenbegleitern bisher erreicht haben“, betont Prof. Dr. Axel Prokop. „Als einziges analoges Projekt unter 52 eingereichten Anträgen, die überwiegend Digitalisierungsprojekte präsentierten, zeigen wir, dass die eigentliche Innovation darin liegt, wieder den Menschen zum Menschen zu bringen. Der Deutsche Patientenpreis bestärkt uns weiter in unserer Arbeit und hilft uns, das Projekt auch zukünftig erfolgreich fortzuführen. Für diese Auszeichnung bedanken wir uns sowohl im Namen des Klinikverbund Südwest als auch im Namen unserer Patienten sehr herzlich.“

Der Kreisseniorenrat Böblingen sucht für das Projekt weitere ehrenamtliche Patientenbegleiter. Diese werden geschult, persönlich eingearbeitet und begleitet und sind eingebunden in ein professionelles Team mit Pflegekräften und Ärzten. Sie sind unfall- und haftpflichtversichert und erhalten eine kleine Aufwandsentschädigung. Bei Interesse melden Sie sich gerne unter der Telefonnummer 07031-813417 oder 07152-353587.