Allein in Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 61.000 Menschen neu an Darmkrebs, knapp 25.000 Menschen sterben jährlich daran. Wie gut im Fall einer Erkrankung die Heilungschancen sind, hängt neben der frühzeitigen Entdeckung vor allem von einer möglichst kompetenten, auf den Patienten abgestimmten Behandlung ab. Zertifizierte Behandlungszentren wie das 2021 vom TÜV zertifizierte Darmzentrum in Leonberg spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Unter der Leitung von Dr. Barbara John, Chefärztin der Klinik für Gastroenterologie, Onkologie und Palliativmedizin und Professor Dr. Wolfgang Steurer, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, werden dort Darmkrebs-Patienten in allen Krankheitsstadien nach neuesten medizinischen Standards behandelt. In enger Kooperation mit den anderen Klinikbereichen und den niedergelassenen Ärzten in der Region bietet das Zentrum seinen Patienten von der Diagnose über moderne Operations- und Therapieverfahren bis hin zur Nachbehandlung eine umfassende Betreuung.
Mit der Zertifizierung des Darmzentrums hat sich das Krankenhaus Leonberg diese Expertise von einer unabhängigen Prüfstelle bescheinigen lassen. Für die Patienten ist sie ein Zeichen, dass sie sich auf hohe Qualitätsstandards und ständige Kontrollen verlassen können. Denn für die Zertifizierung müssen eine ganze Reihe von Kriterien erfüllt sein. Fast ein Jahr dauerten die Vorbereitungen dazu. Zahlen und Daten wurden gesammelt und alle Abläufe genau unter die Lupe genommen. Dabei orientierte man sich an den – deutlich strengeren – Kriterien der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), die neben standardisierten Verfahren auch Qualitätskriterien wie etwa niedrige Komplikationsraten, die Einbindung von Psychoonkologie, Physio- und Ernährungstherapie in die Betreuung sowie die laufende Fortbildung der Ärzte voraussetzt. „Im nächsten Schritt wollen wir uns von der DKG zertifizieren lassen. Dafür waren bislang die Fallzahlen beim Mastdarmkrebs grenzwertig. Bei allen anderen Operationen erfüllen wir diese Zahlen bereits“, erläutert Professor Dr. Steurer. „Bei den Komplikationsraten haben wir hier in Leonberg exzellente Werte, die das geforderte Minimum deutlich unterschreiten“, ergänzt Dr. Barbara John. Ein weiteres Plus sind für sie die kurzen Wege innerhalb des Klinikums. „Der Patient profitiert von der engen Zusammenarbeit zwischen Bauchchirurgie und Gastroenterologie. Wenn ich beispielsweise beim Endoskopieren einen Tumor entdecke, rufe ich den Chirurgen hinzu. Wenn der nicht gerade im OP steht, ist er in fünf Minuten da, und wir können gemeinsam das weitere Vorgehen besprechen.“
Die Patienten profitieren auch von der engen Zusammenarbeit, die das Darmzentrum mit den niedergelassenen Ärzten pflegt. Wird etwa bei der Vorsorge ein unklarer oder bösartiger Befund oder ein großer, endoskopisch nicht abtragbarer Polyp entdeckt, erfolgt im Darmzentrum nach Rücksprache mit den zuständigen Fachärzten die gemeinsam beschlossene, bestmögliche Behandlungsstrategie. Abklärung und häufig auch die Behandlung. Auch postoperativ sind Patienten in diesem Netzwerk gut aufgehoben und bekommen bereits während des Klinikaufenthalts die nötigen Einweisungen zum Umgang mit Pflegemitteln wie etwa einem künstlichen Darmausgang. In regelmäßigen Tumorkonferenzen, bei denen neben Gastroenterologen, Onkologen und Chirurgen auch Radiologen, Ernährungsberater, Physiotherapeuten, Psychoonkologen sowie Mitarbeiter von Pflege- und Sozialdienst zum Team gehören, wird die Behandlung individuell auf den einzelnen Patienten und seinen Gesamtzustand abgestimmt.
Die sogenannte Fast-Track-Methode sorgt zudem dafür, dass der Patient möglichst schnell wieder auf die Beine kommt. Rund 85 Prozent aller Darmkrebsoperationen werden in Leonberg minimalinvasiv durchgeführt, das ist schonender, ohne den OP-Erfolg zu verringern. „Wir versuchen zudem, den Patienten möglichst rasch zu seinen normalen Essgewohnheiten und Lebensgewohnheiten zurückzuführen. Früher war dies ein Prozess, der sich über mehrere Wochen erstreckte. Heute kann der Patient in der Regel ab dem dritten Tag zumindest leichte Normalkost zu sich nehmen und wird nach spätestens einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen“, erklärt Professor Dr. Steurer. Seit kurzem wird in Leonberg auch eine neue, vielversprechende Methode zur Wundheilung des Darms durchgeführt. „Zur besseren Heilung von zwei Darmverbindungen produzieren wir einen Klebstoff aus patienteneigenem Blut. Da sind wir in Südwestdeutschland die einzigen. Erste Studienergebnisse zu dieser Methode sind sehr erfolgversprechend“, erzählt Professor Dr. Steurer.
Dass im vergangenen Jahr weniger Darmkrebsoperationen anstanden, ist nicht zuletzt der Pandemie geschuldet. „Wir sehen nun eine deutliche Zunahme der Fälle – vor allem, weil viele Leute aufgrund der Pandemie nicht zur Vorsorge gegangen sind. Wir können nur empfehlen, das auf jeden Fall zu tun – trotz Corona!“ appelliert Dr. John an alle, die sich bislang deswegen mit Vorsorgeuntersuchungen zurückgehalten haben.