Der Aufsichtsrat der Kreiskliniken Böblingen gGmbH hat in seiner letzten turnusmäßigen Sitzung Ende letzten Jahres einstimmig für die Beschaffung zweier OP-Roboter-Systeme für das Klinikum Sindelfingen-Böblingen votiert. „Wir wollen im Klinikverbund Südwest Spitzenmedizin und eine hochwertige Versorgung der Bevölkerung“, so der Aufsichtsratsvorsitzende der Kreiskliniken Landrat Roland Bernhard. „Deshalb brauchen wir auch die dafür notwendigen Medizingeräte.“ Die Urologische Klinik Sindelfingen (UKS) setzt bereits seit 2012 unter Chefarzt Prof. Dr. Thomas Knoll ein solch hochentwickeltes System zur computerunterstützten Operation, das sogenannte DaVinci-System, sehr erfolgreich vornehmlich für die radikalen Prostatektomien ein. Im Zuge der Neuinvestition erfolgt hierfür jetzt nach acht Jahren ein Geräteupdate. Am Standort Böblingen erhält zudem die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie unter der chefärztlichen Leitung von Prof. Dr. Stefan Rolf Benz erstmalig ein solches System.
„Das gesamte Investitionsvolumen liegt bei über drei Millionen Euro“, erläuterte der Landrat am Rande der Sitzung. „Insofern hat sich der Aufsichtsrat die Entscheidung nicht leichtgemacht, wir sind aber absolut davon überzeugt, dass in der roboterassistierten Chirurgie die Zukunft der qualitativ hochwertigen Patientenversorgung liegt. Mit der Vorhaltung der neuen DaVinci-Systeme halten wir im Klinikverbund Südwest den Anschluss an die medizintechnische Entwicklung, nicht zuletzt im Hinblick auf die anstehenden baulichen Modernisierungen, wie beispielsweise dem Flugfeldklinikum als Schwerpunktversorger.“ Die Vorteile liegen aber nicht nur für den Patienten auf der Hand: „Die robotische Chirurgie wird derzeit bundesweit im viszeralchirurgischen Spektrum hauptsächlich für die kolorektale Chirurgie [Anmk.: operative Behandlung gut- und bösartiger Erkrankungen des Dick- und Enddarms] und damit auch in der absoluten Kernkompetenz unserer Klink in Böblingen eingesetzt“, so Dr. Jörg Noetzel, med. Geschäftsführer des Klinikverbundes Südwest. „Mit der Ersatz- respektive Neuanschaffung tragen wir der Notwendigkeit einer medizin-technologischen Weiterentwicklung in der Urologie, aber vor allem eben auch der Viszeralchirurgie Rechnung und bleiben somit auch attraktiv für den chirurgischen Nachwuchs. Mit realitätsnahen Simulationssystemen, vergleichbar mit hochkomplexen Computerspielen und der darin erzeugten virtuellen Realität, kann zusätzlich eine Simulation der Eingriffe am OP-Roboter erfolgen. Dies bringt einen erheblichen Vorteil für die ärztliche Aus- und Weiterbildung.“
Die Beschaffungsentscheidung erfolgte daher auch unter Einbeziehung des viszeralchirurgischen Fachzentrums im Verbund, in welchem alle viszeralchirurgischen Chefärzte standortübergreifend organisiert sind.
Moderne OP-Robotiksysteme, wie der „Da Vinci“, ermöglichen es den Ärzten schonend gerade auch an solchen Stellen zu operieren, die äußerst präzises Vorgehen erfordern. Mittels der robotischen Unterstützung werden die Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit des Operateurs im Vergleich zu laparoskopischen Operationen aufgehoben und gegenüber der offenen Operation teilweise sogar noch erweitert. Dies gilt besonders für kleine Räume mit großer Entfernung zur Körperoberfläche (z. B. im kleinen Becken). Die Wrist-Funktion ermöglicht natürliche Bewegungen analog der Handgelenke und damit eine in der bisherigen Laparoskopie nicht zu erreichende Subtilität auf kleinstem Raum. Das System besteht aus drei Komponenten: der Steuerkonsole, an welcher der Operateur die mikrochirurgischen Instrumente bedient, das Patienten-Operationssystem und ein Monitor. Der Arzt bedient die Steuerkonsole, einen Computer, der die Befehle an drei Operationsarme und einen Kameraarm weitergibt. Die Bewegung des Operateurs wird punktgenau auf das DaVinci-Operationssystem übertragen. Das System ermöglich sehr feines operieren: Eine 1-Zentimeter-Bewegung mit den Fingern des Operateurs wird beispielsweise vom Roboter in eine 2-Millimeter-Bewegung übersetzt. Die präzise Feinmechanik ermöglicht, mit nur sehr kleinen Einschnitten auszukommen, was bedeutet, dass auch weniger Narben entstehen. Das Risiko von Komplikationen ist minimiert, bei gleichzeitig verbessertem operativem Ergebnis. Der Patient verliert in der Regel weniger Blut, hat weniger Schmerzen und die Wundheilung verläuft schneller, da Schnitte und Nähte exakter ausgeführt werden können. Auch für den Operateur bedeutet die neue Technik eine Verbesserung, da die dreidimensionalen Sichtverhältnisse eine perfekte Tiefenwahrnehmung und Orientierung im OP-Feld bedeuten. Die starke Vergrößerung in Verbindung mit der HDTV-Auflösung ermöglicht das Erkennen selbst feinster Strukturen und somit deren Schonung.
Mehrkosten bei der Behandlung entstehen für den Patienten nicht. Die neuen Systeme werden voraussichtlich im Frühjahr 2020 nach der jetzt anlaufenden Implementierungsphase den Patienten am Klinikum Sindelfingen-Böblingen zur Verfügung stehen.