Knochen, Gelenke, Wirbelsäule Knorpelschäden

Der Gelenkknorpel ist ein festes, glattes, elastisches Gewebe – man spricht auch vom hyalinen Knorpel. Er überzieht die gesamte Gelenkfläche, ermöglicht ein fast reibungsfreies Gleiten der Gelenkfläche und eine Dämpfung bei mechanischer Belastung. Der Knorpel besitzt keine eigene Blutversorgung. Er wird über die Gelenkflüssigkeit und den darunterliegenden Knochen versorgt.

Knorpelveränderungen bis hin zur Arthrose der Gelenke sind weltweit eine der häufigsten Erkrankungen. Es gibt viele Ursachen und zahlreiche Symptome bis hin zu chronischen Schmerzen. Unter günstigen Voraussetzungen kann sich der Knorpel regenerieren, besonders bei jüngeren Patienten mit frischen Verletzungen. Insgesamt ist jedoch die Regenerationsfähigkeit begrenzt. Heutzutage können Knorpelschäden mit Hilfe operativer Maßnahmen wie zum Beispiel Refixierung der abgesprengten Knorpelanteile, Mikrofrakturierung oder Knorpeltransplantation behandelt werden.

Akute Verletzungen

Knorpelschäden können Folgen von unfallbedingten Verletzungen sein. Hierbei wird der Knorpel oft nur an einer Stelle mehr oder weniger stark beschädigt. Herausgesprengte Teile des Knorpels, also freie Gelenkkörper, können sich im Gelenkspalt verklemmen und so zu starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Oft liegen Begleitverletzungen an anderen Gelenkstrukturen vor, zum Beispiel Kreuzbandriss, Meniskusriss oder Rotatorenmanschetten-Verletzungen.

Überbelastung und Verschleiß

Ist der Knorpelschaden eine Folge chronischer Abnutzung, ist er meist großflächiger und an verschiedenen Stellen verteilt. Diese Abnutzungserscheinungen treten einerseits durch einen natürlichen Alterungsprozess auf, andererseits hängen sie auch mit der Knorpelqualität zusammen. Diese ist von Mensch zu Mensch verschieden. Auch die Art und Stärke der jahrelangen Belastung des Gelenkes zeigt sich in der Abnutzung des Knorpels und dem dadurch bedingten Knorpelschaden. Fehlstellungen und die dadurch bedingte Fehlbelastung des Gelenkes führen zu vorzeitigen Verschleißerscheinungen.  Sie entstehen etwa durch chronische Überbelastung, Übergewicht oder Erkrankungen wie Rheuma, Gicht, und Osteoporose.

Grundsätzlich werden vier Schweregrade des Knorpelschadens unterschieden:

  • Grad 1: Erweichung des Knorpels mit kleinen Rissen
  • Grad 2: Auffransung der Knorpeloberfläche (bis ca. 50 Prozent der Knorpeldicke)
  • Grad 3: kraterförmiger Defekt des Knorpels und Verschleiß über 50 Prozent
  • Grad 4: Fehlen der gesamten Knorpelschicht mit freiliegendem Knochen (Arthrose)

Wie erkenne ich einen Knorpelschaden?

Knorpelschäden lassen sich vor allem durch eine ärztliche Untersuchung erkennen. Bei Verletzungen ist nach wie vor die Röntgendiagnostik der erste Schritt, um zunächst frische Knochenbrüche (Frakturen) auszuschließen.

Dies gilt auch für arthrotische degenerative Veränderungen, um das Ausmaß der Knochenveränderung und eventuelle Achsabweichungen (beispielsweise am Knie, O- oder X- Bein-Fehlstellung) zu erkennen.

Zur genauen Knorpeldiagnostik bietet die hochauflösende Magnetresonanztomographie (MRT) die beste Basis für eine exakte Diagnose. Durch sie lassen sich Ausmaß und Veränderungen des Gelenkknorpels gut abschätzen. Danach folgt die Planung der Therapie.

Wie werden Knorpelschäden behandelt?

Konservative Maßnahmen

 

Bei der konservativen Therapie gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine Knorpelregeneration durch konservative Maßnahmen konnte bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden. All diese Maßnahmen sollen im Wesentlichen dazu beitragen, eine Verschlechterung der Knorpelschäden zu verhindern. Eine komplette Regeneration des Knorpelschadens ist leider nicht zu erwarten.

Medikamente
Diclofenac oder Ibuprofen sowie sogenannte Cox-2-Hemmer sollen die entzündlichen Reizerscheinungen therapieren. Glukosaminglycan (GAG) scheint den Knorpelstoffwechsel günstig zu beeinflussen und wird als Begleittherapie empfohlen.

Injektionstherapie
Hyaluronsäure ist ein Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit und ein Baustein des hyalinen Knorpels. Hyaluronsäure-Präparate, die direkt in die Gelenke eingespritzt werden, sollen den Gelenkknorpel wieder stabilisieren. Zurzeit wird eine Zwei-Komponenten-Injektion bevorzugt. Studien über Langzeitwirkungen liegen noch nicht in ausreichendem Maß vor. Es besteht dabei ein gewisses Infektionsrisiko.

ACP-Therapie (Behandlung mit Autologen-Thrombozyten-Konzentraten)
Bei der Therapie wird eigenes Blut aus der Vene entnommen. Durch spezielle Trennverfahren werden aus dem Blut körpereigene Wirkstoffe in konzentrierter Form gewonnen und in das behandelte Gelenk injiziert. Die Therapie mit körpereigenen Wirkstoffen ist gut verträglich. Die gespritzten konzentrierten Blutplättchen bilden Wachstumsfaktoren, die die unterschiedlichen Aufbau- und Heilungsprozesse anregen und beschleunigen. Langzeitergebnisse stehen noch aus.

Physiotherapie
Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Verbesserung der Muskelkraft und die dadurch verbesserte Stabilisierung der Gelenke. Durch gezieltes Training können die Gelenkfunktion deutlich verbessert und statische Dysbalancen aufgehoben werden. Die „Bewegung ohne Belastung“ dehnt die durch Entzündungsprozesse schrumpfende Gelenkkapsel, reduziert die Entzündung, verringert der Schmerz und regt den Knorpel-Stoffwechsel im Gelenk an. Kälte- oder Wärmetherapie und Bäderanwendungen unterstützen den Heilungsprozess.

Orthopädische Hilfsmittel
Spezielle Orthesen zum Beispiel am Knie oder am Fußgelenk stabilisieren die Gelenke. Mit einer entsprechenden Einlagenversorgung werden die auf das Sprung- oder das Kniegelenk wirkenden Kräfte verändert. Damit verlangsamt sich die Schädigung der Knorpel.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl alternativer Therapieansätze. Bei keinem dieser Verfahren kann eine gezielte Wirkung auf eine Knorpelheilung bisher nachgewiesen werden. Viele lindern lediglich die Beschwerden.

 

Operative Maßnahmen

 

Refixierung von frisch abgelösten Knorpel- und Knorpelknochenanteilen (Flake)
Bei jüngeren Patienten werden frische Ablösungen von Knorpelanteilen mit kleinen, sich auflösenden Fixierungsstiften befestigt. Die Abrisslinie kann mit speziellem Material übernäht werden. Übergangsstellen können mit Fibrinkleber zusätzlich verklebt werden.

Abtragen von Knorpel und Knochenvorwölbungen (Chondroplastie)
Die einfachste Methode zur Behandlung eines Knorpelschadens ist die arthroskopische Spülung und Säuberung von Knorpelfragmenten. Die Wirksamkeit dieser minimalinvasiven Behandlung liegt hauptsächlich in der Entfernung von aggressiven, beim Knorpelzerfall entstehenden Enzymen, die eine Gelenkschleimhautreizung verursachen und zu weiterer Knorpeldegeneration führen. Diese Therapie hat nur einen vorübergehenden Effekt.  Knochenvorwölbungen (sogenannte Exostosen) werden dabei abgefräst.

Mikrofrakturierung (Bridi-Bohrung)
Bei dieser Methode wird die dem Knorpel angrenzende Knochenlamelle mit kleinen Bohrern oder Meißeln geöffnet. Dadurch treten Blut- und Stammzellen aus dem Knochenmark in den Defektbereich aus. Die kleinen Löcher werden im Abstand von drei bis vier Millimetern gesetzt. In den folgenden Monaten entsteht jetzt an dieser Stelle ein Ersatzknorpel, der sogenannte Faserknorpel, auch Narbenknorpel genannt.

Ein wesentlicher Vorteil des Anbohrens oder Mikrofrakturierung ist, dass der Eingriff minimalinvasiv während der Gelenkspiegelung (Arthroskopie) durchgeführt werden kann. Diese Methode wird auch bei einer schon bestehenden Arthrose (also einem Gelenkverschleiß) angewandt, um die Implantation einer Prothese aufschieben zu können. Die Defektgröße sollte dabei nicht größer als drei Zentimeter im Durchmesser betragen. Der neu entstandene Knorpel ist nur begrenzt belastbar, schützt jedoch das Gelenk vor dem fortschreitenden Verschleiß.

Knorpel-Knochenzylinderübertragung (Osteochondrale autologe Transplantation – OATS)
Bei dieser Methode werden runde Knorpel-Knochenzylinder aus weniger belasteten Randgebieten – beispielsweise des Kniegelenkes, am häufigsten aus dem äußeren oberen Anteil der Kniegelenksrolle – mit Spezialinstrumentarium ausgestanzt. Anschließend werden sie in der sogenannten Press-fit-Technik an die Problemzone transplantiert. Der Vorteil dieser Methode ist, dass ein funktionstüchtiger Knorpel eingesetzt wird und die Einheilung durch den transplantierten Knochen erfolgt. Nachteil dieser Technik ist, dass dort Veränderungen auftreten können, wo Knorpelgewebe entnommen worden ist.

Knorpelzelltransplantation (Autologe Chondrozytentransplantation – ACT)
Bei dieser Form der Transplantation sind zwei Operationen erforderlich. Bei der ersten Operation wird Knorpelgewebe zur Zellanzüchtung im Labor entnommen. Nach zwei bis sechs Wochen werden die gezüchteten Zellen unter einen Knochenhautlappen (ACT) oder in einer speziellen Matrix (Membran, Gel, Zellkugeln – MACT) implantiert.

Matrixassozierte Autologe Chondrozytentransplantation – MACT
Dabei werden patienteneigene Knorpelzellen aus einem weniger belasteten Randbezirk des betroffenen Kniegelenkes arthroskopisch entnommen. Diese werden von einem externen Labor in einer Nährlösung vermehrt und dann auf eine sogenannte Matrix aufgebracht. Bei einer zweiten Operation wird später das erkrankte Gelenk freigelegt und der geschädigte Knorpel entfernt. Es entsteht ein Loch mit einem deutlich abgegrenzten Rand. In dieses wird die zurechtgeschnittene Matrix hineingelegt und festgenäht. Die darin enthaltenen Knorpelzellen vermehren sich weiter und füllen das Loch Schicht für Schicht auf.

Ziel all dieser Methoden ist es, die Gelenkfunktion zu verbessern, um Folgeschäden zu vermeiden oder zeitlich zu verzögern. Die Beschwerden werden gelindert, Schmerzen vermieden und Gelenk wieder bewegbar und belastbar.

 

Nachbehandlung

Die Heilungsdauer ist abhängig von der Art der Schädigung, von der Operation und Therapie und dem Alter und den Nebenerkrankungen des Patienten. Der Patient geht zunächst an Unterarmgehstützen und trägt je nach Behandlung eine Bewegungsorthese, mit der das Ausmaß der Bewegung eingestellt werden kann. Im Fokus steht die schrittweise Belastung des Gelenkes und die Bewegung bei Beugung, Streckung und Drehung. Die Reha erfolgt unter physiotherapeutischer Anleitung entsprechend des Nachbehandlungsplans des Operateurs.

In den meisten Fällen darf per Patient das Gelenk nach sechs Wochen wieder mit dem ganzen Körpergewicht belasten. Parallel erfolgt eine Schmerztherapie. Bei schweren Verletzungen oder Schädigungen kann sich die Nachbehandlung auch über einige Monate ausdehnen. Patient und Arzt benötigen hier Geduld – bei der Mehrheit der Patienten setzt schließlich die Genesung ein.

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